Wie wird die Gesundheit im Waldkindergarten gefördert?

 

Dazu soll zunächst erläutert werden, was man unter Gesundheit verstehen kann. 

Es gibt zahlreiche Definitionen von Gesundheit. Wir orientieren im Folgenden an der Definition der WHO. Demzufolge ist Gesundheit „ein Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlergehens und nicht nur das Fehlen von Krankheit oder Gebrechen.“1

Im folgenden werden die Begrifflichkeiten der Gesundheitspädagogik, Gesundheitsförderung, Salutogenese und Prävention, sowie ihre Anwendung im Setting Waldkindergarten erläutert.

 

Gesundheitspädagogik

Pädagogik ist die Wissenschaft von der Erziehung und Bildung des Menschen. Gesundheitspädagogik ist folglich eine Disziplin, die wissenschaftlich begründete Bildungs- und Erziehungsmaßnahmen zur Beeinflussung des individuellen und kollektiven gesundheitsrelevanten Verhaltens zusammengefasst. Wobei die Stärkung von Motivation und die Kompetenzentwicklung als Gegenstandsbereiche betont werden. Dieser Begriff kann also als Oberbegriff für Gesundheitsberatung, Gesundheitserziehung, Gesundheitsaufklärung und -bildung verstanden werden.2

 

Gesundheitsförderung versus Prävention

 

Hierbei handelt es sich um eine darin integrierte Programmatik oder Leitidee. Diese zielt auf einen Prozess, allen Menschen ein höheres Maß an Selbstbestimmung über ihre Gesundheit zu ermöglichen und sie damit zu Stärkung ihrer Gesundheit zu befähigen.

 

Im Gegensatz zur Prävention, die auf die Verhütung von Krankheiten durch frühzeitige Erkennung von Krankheiten abzielt, steht die Unterstützung von Fähigkeiten und Möglichkeiten der einzelnen Gesunden oder Kranken im Vordergrund. Gesundheit wird als Ressource gesehen und es werden Maßnahmen und Aktivitäten zur Stärkung der Gesundheit eingeleitet. Das schließt das Verhalten des Einzelnen mit ein, seine Kenntnisse, Fertigkeiten, soziale, ökonomische und Umweltbedingungen. Gesundheitsförderung befasst sich mit dem körperlichen, psychischen und sozialem Wohlbefinden, das beeinflusst wird durch individuelle, soziale und gesellschaftliche Hintergründe. Wohingegen bei der Prävention Impfungen, gesunde Ernährung, Früherkennung und Bewegung im Vordergrund steht. Der perfekte Zeitpunkt für eine präventive Intervention ist angepasst an die speziellen Risikofaktoren, die man in drei Gruppen einteilen kann:

 

  1. physiologische, genetische und psychologische Dispositionen.

  2. Behaviorale Dispositionen, als Verhalten wie beispielsweise eine Zuckerreiche einseitige Ernährung oder Bewegungsmangel.

  3. Regionale, umweltbezogene Dispositionen, wie beispielsweise Strahlenbelastung.

 

Alle drei genannten Dispositionen können über einen längeren Zeitraum zu einer Krankheit führen.3 Als Beispiel für eine präventive Maßnahme im Waldkindergarten sei hier bereits auf die „Spielzeug-freie“ Zeit als Suchtprävention verwiesen. Anzusiedeln wäre diese in der ersten und zweiten Gruppe, so beeinflusst sie die psychologische und auch die behaviorale Disposition.

 

Man kann die Präventionsmaßnahmen nun folgender Maßen klassifizieren:

 

Nach dem Zeitpunkt der Intervention, nach dem zu angestrebten Ziel, und nach den Adressaten der Intervention.

 

Die Primärprävention setzt vor dem Eintreten einer Krankheit ein, die Sekundärprävention im Frühstadium der Krankheit, wohingegen die Tertiärprävention nach der Manifestation beziehungsweise nach der Akutbehandlung ansetzt. Ziel der Primärprävention ist es, die Inzidenz von Krankheiten zu verringern. Die Sekundärprävention soll eine Eindämmung der Progredienz oder Chronifizierung einer Krankheit erreichen, im Gegensatz zur Tertierprävention, die auf die Verringerung von Rückfällen oder Folgeschäden abzielt.

 

Die Primärprävention richtet sich an Personen ohne Symptomatik oder an Gesunde, Adressaten der Sekundärprävention sind Klienten beziehungsweise Akutpatienten, wohingegen sich die Tertiärprävention an Rehabilitanden oder Patienten mit chronischen Beeinträchtigungen richtet.4

 

 

Demzufolge kann ein Aufenthalt im Waldkindergarten Primär präventiv oder manchmal auch Sekundär präventiv wirken.

 

 

Bei der Gesundheitsförderung hingegen sollen die Schutzfaktoren und Ressourcen gefördert werden. Diese Schutzfaktoren kann man in fünf Gruppen einteilen:

 

  1. Soziale und wirtschaftliche Faktoren, beispielsweise die sozioökonomische Lage.

  2. Faktoren des Lebensstils

  3. psychologische Faktoren

  4. Umweltfaktoren

  5. Zugang zu gesundheitsrelevanten Institutionen und Leistungen.

Modelle oder auch Ansätze können medizinisch/präventiv sein, auf eine Verhaltensänderung abzielen, Gesundheitsaufklärung beinhalten oder es kann sich um Empowerment handeln.

 

 

Besonders effektiv ist es, die beiden Interventionsformen, je nach Ausgangslage ein zu setzten und so miteinander zu kombinieren.5

 

Die Handlungsfelder beider Strategien überschneiden sich.

 

Salutogenese

 

Nach Anton Antonowskys Salutogenese Modell, das im Gegensatz zur Pathogenese steht,  wird Gesundheit nicht dichotom, sondern als Kontinuum betrachtet, auf dem sich jeder Mensch befindet. Das heißt ein Mensch ist zu jeder Zeit seines Lebens mehr oder weniger gesund. Der Begriff leitet sich von „salus“, was auf latein Gesundheit oder Wohlbefinden bedeutet und „genese“, was auf griechisch Geburt oder Ursprung heißt. Gesundheit wird nicht als Zustand, sondern als Prozess verstanden. Da er sich damit beschäftigte, wie Gesundheit entsteht, ist dieses Modell für die vorliegende Diplomarbeit interessant. In Situationen, in denen Stressoren und die durch sie ausgelösten Spannungen, bewältigt werden mussten, postulierte Aaron Antonowskys die Existenz generalisierter Widerstandsressourcen. Diese Widerstandsressourcen messen den Stressoren eine Bedeutung zu. So seien die Stressoren nicht per se krankheitsauslösend. Denn entscheidend sei der Umgang mit ihnen. Als generalisiert werden die Widerstandsressourcen angesehen, weil sie in Situationen aller Art wirken. Sie erhöhen die Widerstandskraft und können als Eigenschaften von beispielsweise Individuen oder Gesellschaft verstanden werden. Sie dienen dazu zu verhindern, dass Spannung in Stress überführt wird.

 

Stressoren sind alle Reize, die Stress erzeugen. Allerdings sieht man erst an der Wirkung, ob etwas als Stressor gilt, oder nicht. Gelingt eine Spannungsbewältigung, fördert dies die Gesundheit. Gelingt sie nicht, führt das zu Stress. Ob dieser dann krank macht, hängt noch von weiteren Faktoren ab. So zum Beispiel, ob Schadstoffe oder körperliche Schwachstellen vorhanden sind. Es gibt physikalische, biochemische und psychosoziale Stressoren, wobei die letztere bei uns am bedeutungsvollsten sind.6

 

Nach Antonowsky ist Stress nicht generell gesundheitsschädlich, wenn danach eine Erholung eintritt. Es geht letztlich darum zu verhindern, dass Spannung zu einer Belastung wird.

 

Von den kognitiven und affektiv-motivationales Aspekten hängt ab, ob Menschen ihre Ressourcen nutzen können.

 

Kohärenzgefühl

Diese Grundhaltung nennt Antonowsky Kohärenzgefühl, was soviel wie Stimmigkeit oder Zusammenhang bedeutet. Kohärenzgefühl ist eine Vereinigung von Einzelerfahrungen zu einem Gesamten. Beeinflusst wird es durch die Lebenserfahrungen, wobei das Kohärenzgefühl dafür verantwortlich ist, wie man diese Erfahrungen wahr nimmt.

 

Ein stark ausgeprägtes Kohärenzgefühl führt dazu, dass man angemessenen und geeignet agiert.

 

Das Kohärenzgefühl setzt sich zusammen aus:

 

  • der Verstehbarkeit, also der Fähigkeit bekannt und unbekannte Stimuli zu verarbeiten. Es handelt sich dabei um ein rein kognitives Verhaltensmuster, das durch Erfahrung von Konsistenz geformt wird.

  • Der Handhabbarkeit, also der Überzeugung, dass Probleme gelöst werden können und dafür nötige Ressourcen vorhanden sind. Hierbei handelt es sich um ein kognitiv – emotionales Verhaltensmuster, das durch angemessene Anforderungen gebildet wird.

  • Der Sinnhaftigkeit, die dafür sorgt, dass das Leben als sinnvoll empfunden wird. Probleme werden als Herausforderungen und nicht als Last wahr genommen. Es wird durch Selbstwirksamkeitserfahrungen gefördert.7

 

Das Kohärenzgefühl entwickelt sich in Kindheit und Jugend und wird von den gesammelten Erfahrungen beeinflusst. In der Adoleszenz kann es noch stark verändert werden, da in dieser Zeit viele Wahlmöglichkeiten offen sind. Ab 30 Jahren bleibt es relativ stabil. Durch Studien kann man darauf schließen, dass es mit dem Alter zunimmt. Man geht davon aus, dass es transkulturell gültig ist. Essentiell für die Stärke des Kohärenzgefühls sind die Widerstandsressourcen.8

 

 

Was hat die Salutogenese mit dem Waldkindergarten zu tun?

 

 

Durch den Aufenthalt im Waldkindergarten wird das Kohärenzgefühl auf besondere Weise gefördert. (in diesem abschnitt soll der frage nachgegangen werden inwieweit..., dafür soll im folgenden die drei Bestandteile des k. Auf den waldkiga angewandt werden.)

 

Verstehbarkeit ist in diesem Setting auf besondere Weise gegeben. Denn dieses kognitive Verhaltensmuster wird beispielsweise durch das Nachschlagen in Bestimmungsbüchern und das Unmittelbare Erleben der Natur und der Jahreszeiten heraus gebildet. Die Waldkindergartenkinder können sich mit ihren Fragen auch jederzeit an die Pädagogen wenden, die aufgrund des überdurchschnittlichen Betreuungsschlüssels immer ein offenes Ohr haben und viel Geduld im Beantworten der zahlreichen Fragen zeigen. So lernen die Kinder von klein auf, Informationen nicht willkürlich und chaotisch anzusehen, sondern sie zu konsistenter und strukturierter Information zu verarbeiten. (Bsp. Verhaltensmuster von Tieren usw. Da die Fragen nicht nur theoretisch abgehandelt werden sondern von den Kindern erlebt werden lässt eine besonders tiefe Verarbeitung zu. Zudem kommt das entsprechende Thema auf wenn die Kinder es interessiert. Sie sind also gerade dafür offen.)

 

Handhabbarkeit, also die Überzeugung, dass Probleme lösbar sind, wird in dieser Institution ebenfalls gefördert. Hier werden die Kinder angemessenen gefordert und nicht über- oder unterfordert. Sie lernen, dass sie Ressourcen haben, um Probleme zu lösen. Wenn sie beispielsweise einen schweren Stein nicht alleine tragen können, so wenden sie sich an andere Kinder und bitten diese um Hilfe. Wenn sie gerne einen Stamm aushöhlen würden, um eine Murmelbahn her zu stellen, so können sie einen Erzieher um Werkzeug bitten und brauchen dann nur noch eine Portion Durchhaltevermögen, um ihr Ziel zu erreichen. Großer Wert wird seitens der Pädagogen darauf gelegt, denn Kindern nichts abzunehmen, was sie selbst schon können. So wird ihnen beigebracht ihr Probleme selbst zu lösen. Es wird also Hilfe zur Selbsthilfe geleistet und so die Handhabbarkeit gefördert. (Vlt. Noch eingehen darauf dass die Kinder lernen sich in der Natur zurecht zufinden)

 

Die Sinnhaftigkeit, sich also als wertvollen Teil des Großen Ganzen zu sehen, nimmt in diesem Setting einen hohen Stellenwert ein. Die Kinder erleben ihre Zeit im Wald, beziehungsweise in der Natur, als sinnvoll und sehen sich als Teil von ihr. Selbstwirksamkeitserfahrungen, die das Gefühl der Sinnhaftigkeit besonders fördern, sind im Waldkindergarten in besonderem Maße gegeben. Wenn die Kinder einen spitzen Stock haben möchten, so können sie sich selbst einen schnitzen. Oder wenn sie einen kleinen Baum umknicken, kann er umknicken oder brechen. Sie merken wie stark sie sind und was das für Auswirkungen hat. Auch wenn sie Regenrinnen in den Boden Buddeln machen sie Selbstwirksamkeitserfahrungen und erleben dadurch Sinnhaftigkeit. (Eher Handhabbarkeit...Sich mit der Natur verbunden fühlen ist eher gemeint)

 

 

Gesundheitsförderung in Kindergärten

Erst vor wenigen Jahren wurden Kindertagesstätten für die Gesundheitsförderung entdeckt. So gibt es von der WHO diesbezüglich noch keine Grundsatzprogrammatik. Dennoch ist es unumstritten, dass sie ein ideales Setting darstellen, um ganzheitlich eine ressourcenorientierte Gesundheitsförderung durchzuführen. Miteinbezogen werden hierbei die Familien der Kinder und die Beschäftigten der Kindertagesstätten. Es geht darum, den Kindern altersgerechte Lebenskompetenzen, Sozialkompetenzen und ein positives Körpergefühl zu vermitteln.9

 

Gesundheitsförderung zielt nach der WHO-Ottawa-Charta 1986 auf einen Prozess ab, den Menschen zu befähigen mehr Selbstbestimmung über ihre Gesundheit zu erhalten und sie damit zu stärken.10 Als konstituierende Momente von Gesundheit und grundlegende Bedingungen werden definiert: Frieden, angemessene Wohnbedingungen, Ernährung, Einkommen, Bildung, eine sorgfältige Verwendung von Naturressourcen, ein stabiles Ökosystem, Chancengleichheit und soziale Gerechtigkeit.11 Wobei in dieser Arbeit auf Bildung, stabiles Ökosystem

 

Naturressourcen, Ernährung näher eingegangen wird. Die Punkte Frieden, Chancengleichheit und soziale Gerechtigkeit werden gestreift, wogegen die anderen hier keine Rolle spielen.

 

So hat die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (im Folgenden BzgA genannt) vier Ziele formuliert:

 

  1. Die Kinder bei ihrer körperlichen, geistigen und seelischen Entwicklung zu unterstützen.

  2. Gesundheitsgefährdungen und Entwicklungsrisiken vor zu beugen.

  3. Rahmenbedingungen bereitzustellen, die ein gesundes Aufwachsen und die Entwicklung einer eigenen Identität mit ihren Potenzialen fördern.

  4. Kinder zu befähigen, ihr Leben selbstbestimmt zu gestalten und die Verantwortung für ihre Gesundheit im Laufe der Zeit immer mehr selbst wahr zu nehmen.12

 

In den ersten Lebensjahren sind die Eltern für die Gesundheitsförderung ihrer Kinder in Form von Körperpflege, Ernährung, Nähe, Zuwendung und altersgerechter Anregung verantwortlich. Bei Problemen sollte die elterliche Kompetenz unterstützt werden. So kann eine Kindertageseinrichtung ergänzend oder auch kompensatorisch wirken.

 

Wenn Kinder in Armut aufwachsen und sozial benachteiligt sind, so ist ihre Entwicklung und Gesundheit gefährdet. So ist es essentiell Kinderarmut zu bekämpfen, um die gesundheitliche Chancengleichheit zu ermöglichen.13

 

Gesundheit ist mehr als nur die Abwesenheit von Krankheit, mehr als ein Geschenk der Natur oder eine Segnung der Medizin. Es handelt sich dabei auch um einen Ausdruck für gelingendes Leben.

 

Lebenswelten

 

Die Ottowa-Charta proklamiert die Schaffung gesundheitsförderlicher Lebenswelten.14 Der Waldkindergarten stellt eine solche Umwelt bereit, worauf später noch näher eingegangen werden soll. Des Weiteren dazu unter anderem dazu aufgerufen, dass die Teilnehmer der Konferenz der Herstellung „gesundheitsgefährdender Produkte, auf die Erschöpfung von Ressourcen, auf ungesunde Umwelt- und Lebensbedingungen oder eine ungesunde Ernährung gerichtet sind.“15

 

Der Waldkindergarten leistet hier einen wichtigen Beitrag, in dem er auf industriell gefertigtes Spielzeug verzichtet. So werden die Ressourcen geschont und nichts dazu beigetragen beispielsweise Plastikspielzeug made in China herzustellen, das gesundheitsschädigende Stoffe enthalten kann. Ressourcenschonend ist auch, dass im Waldkindergarten kein Strom benötigt wird, da sich die Kinder draußen in der Natur aufhalten und natürliches Sonnenlicht und die Wärme des Feuers genießen. Auf eine gesunde Ernährung wird im Waldkindergarten natürlich besonders geachtet, so ist es an der Tagesordnung viel frisches Obst und Gemüse, sowie vollwertige Snacks anzubieten.

 

Für die Chancengerechtigkeit sorgt auch die gemeinsame Brotzeit. So wird dafür gesorgt, dass mittags alle die gleiche Auswahl und damit die gleiche Chance auf gesunde Nahrung erhalten. 16

 

Durch die gemeinsame Zubereitung lernen die Kinder den richtigen Umgang mit Lebensmitteln und bekommen einen anderen Bezug zum Essen. Es wird eine Suppe über dem Lagerfeuer gekocht, etwas gegrillt oder Obst und Gemüse zum gemeinschaftlichen Verzehr her gerichtet.

 

Im Kindes- und Jugendalter bilden sich wesentliche gesundheitsrelevante Verhaltensweisen heraus und werden auch im Hinblick auf das spätere Leben entscheidend geprägt. Viele Gesundheitsstörungen in jungen Lebensjahren können zu Risikofaktoren für schwerwiegende Erkrankungen im späteren Leben werden.

 

Doch im Umkehrschluss heißt das auch, dass durch Förderung einer gesunden Lebensweise die Basis für spätere Gesundheit gelegt wird. Sich viel in der frischen Luft in der Natur aufzuhalten und aktiv zu sein, sich zu bewegen wird so auch später fortsetzten. So wird unter anderem Übergewicht, Asthma und Diabethes vorgebeugt.

 

Laut Rousseau aktiviert die Natur und die Pflanzen. Sie beleben Geist, Seele und Sinne der Menschen und verleihen Fantasie, Lust an Dingen und am Leben.17

 

Laut Ariés sind Kinder heute betroffen von Verinselung, Verhäuslichung, Naturentfremdung, Technisierung, einer virtuellen Reizüberflutung, Konsum- und Leistungsorientierung. Doch eine ausgeprägte Reizung aller Sinne, wie es in der Natur geschieht, ist wichtig für eine gesunde Gehirnentwicklung.18

 

Doch wie ist es tatsächlich um die Gesundheit heutiger Kinder und Jugendlicher bestellt? Welches sind die bedeutsamsten gesundheitlichen Risiken und wie lassen sich diese vermindern oder vermeiden?

 

In der Kindheit werden essentielle gesundheitsrelevante Verhaltensweisen herausgebildet. Wenn in jungen Jahren eine Gesundheitsstörung auftritt, so birgt das ein Risiko für spätere Erkrankungen.19 Umso wichtiger ist es darauf zu achten, die Gesundheit der Kinder zu fördern. So hat jedes Kind ein Recht auf das erreichbare Höchstmaß an Gesundheit.(§24 Un Kinderrechtskonvention)

 

Doch was macht körperliche Gesundheit bei Kindern aus? Allgemein gesagt, dass sich die Kinder wohl fühlen in ihrem Körper.

 

Der Immunhaushalt der Kinder wird durch die regelmäßige Bewegung und den täglichen Aufenthalt in der Natur verbessert. Der Körper und das Abwehrsystem von Waldkindern werden gestärkt, da die Kinder bei jeder Witterung an der frischen Luft sind. So wird ihr Körper gegen viele Krankheiten abgehärtet.20

 

Natürlich ist dabei eine dem Wetter angepasste Kleidung Vorraussetzung. Der Kontakt mit Schmutz, Wasser und Insektenstichen stärkt das Immunsystem. Doch vor allem werden Erkältungskrankheiten, Allergien und Bewegungsstörungen vorgebeugt. Koordinations- und Konditionsprobleme treten auch viel seltener auf.

 

Die Waldkinder fallen seltener hin, verletzen sich insgesamt weniger, was an einem verbesserten Körpergefühl liegt. In Dänemark bekommen kranke Kinder den Waldkindergarten sogar auf Rezept vom Arzt verordnet.21

 

Der Anblick der Natur lässt die Stimmung steigen und senkt den Puls.

 

Zu diesem Thema bestätigen mehrere Studien einen Zusammenhang zwischen Gesundheit und Grünräumen.So wirken sich Grünräume, wie Bäume und Wiesen positiv auf die Gesundheit aus.

Auch wenn man sich nur kurze Zeit in der Natur, in der Wildnis oder im Wald oder auch in einem städtischen Park aufhält, hat das eine positive Auswirkung auf die Stimmung. Es wird Wohlbefinden und Gefühle des Glücks erzeugt, wohingegen Angst, Ärger oder Aggression vermindert wird. Die Stimmung wird hingegen in besiedelten Umgebungen gesenkt.22

 

Suchtprävention

In unserer Welt, in der sich viel um Konsum dreht, hört es sich erst mal seltsam an, Kindern kein Spielzeug zur Verfügung zu stellen. Selbst Eltern, die über weniger Geld verfügen, statten die Kinderzimmer mit vielen Spielmaterialien aus. Das Konzept des „Spielzeugfreien Kindergartens“ soll eine Alternative zum Konsum darstellen. Im Waldkindergarten ist das automatisch gegeben, was ursprünglich für den Regelkindergarten entworfen wurde.

 

John Locke vertrat zum Beispiel die Meinung, dass man den Kindern immer nur ein Spielzeug geben solle. Außerdem sollte vor allem mit selbst Gemachtem gespielt werden, um das Kind vor Empfindungen wie Begehrlichkeit, Stolz oder Eitelkeit zu schützen. Kinder sollten seiner Meinung nach spielen, um Fähigkeiten zu erlernen. 23

 

Jean Jaques Rousseau plädiert ebenfalls für selbst her gestelltes Spielzeug und warnt davor die Kinder an Luxus zu gewöhnen. Von ihm befürwortete Spielen sind Bogen schießen, das Erlernen von Musikinstrumente oder Ballspiele. So sollen Kinder geschickt, gewandt und somit sinnvoll körperlich gefördert werden.

 

Friedrich Fröbel entwickelte als erster Pädagoge Spielgaben, die einen erzieherischen Aspekt verfolgten. Die Kinder sollen sich im Spiel frei entfalten und kreativ sein dürfen. In erster Linie geht es ihm darum, dass sie durch die Spielgaben Naturgesetze kennen lernen, sowie körperliche und psychische Kräfte entfalten.24

 

Ursprünglich war der Ziel des dreimonatigen Projekts, den Kindern zu vermitteln, dass sie nicht auf Konsumgüter als Ersatzbefriedigung zurückgreifen sollen und es folglich andere Möglichkeiten gibt Probleme zu lösen. Zwar wissen die Kinder in diesem Alter noch nichts über Konsum oder Sucht, aber man möchte dadurch vorbeugen und verhindern, dass sich solche Verhaltensmuster einschleichen. Die Lebenskompetenzen der Kinder sollen gestärkt werden und die Kinder so zu eigenständigen, kritischen Menschen werden.

 

Wenn jemand ein Bedürfnis hat und dieses nicht erfüllt wird, so kann das entstehende unbefriedigende Gefühl durch Konsum erträglicher werden. Diese Ersatzbefriedigungen können schon im Kleinkindalter gelernt beziehungsweise angenommen werden. Wenn das Kind zum Beispiel mit dem Papa eine Murmelbahn bauen möchte und dieser es statt dessen vor den Fernseher setzt oder das Kind weint, weil es sich verletzt hat und bekommt statt Trost ein paar Gummibärchen. So wird das Bedürfnis nach Zuwendung nicht erfüllt und das Kind lernt, wenn das häufiger auftritt, sich mit Konsum darüber hinweg zu trösten.25 Das kann sich auch im Erwachsenenalter noch fort setzten.

 

Lebenskompetenzen sollen gestärkt werden, das heißt die Kinder werden dazu angeregt Selbstvertrauen, Selbstständigkeit, Selbstbewusstsein, Konfliktfähigkeit, Frustrationstoleranz und Kommunikationsfähigkeit zu entwickeln.

 

Wenn die Kinder nicht lernen Konflikte mit sich selbst oder auch anderen Kindern beziehungsweise Erwachsenen eigenverantwortlich zu lösen, so greifen sie unter Umständen auf Scheinlösungen oder auch Suchtmitteln zurück und weichen so dem eigentlichen Problem aus. Um ein Leben in Selbstverantwortung zuführen werden die Grundsteine bereits im Kindergarten gelegt. Auch dadurch, dass Projekte angeboten werden, die das Selbstvertrauen, die Phantasie und Kreativität der Kinder stärken.26

 

Wenn kein Spielzeug vorhanden ist, so kommunizieren und interagieren die Kinder viel mehr miteinander. Sie sind bei der Durchführung ihrer Ideen jetzt auf die Hilfe beziehungsweise Mitarbeit der anderen angewiesen.

 

Außerdem geben die Spielzeuge in unserer Konsumgesellschaft oft schon das Thema vor. So gibt es Ritterburgen und Prinzessinnen – Schlösser, bellende Spielzeughunde und weinende Puppen.

 

Man konnte beobachten, dass Kinder, die zuvor abseits waren, nun auf einmal aufgrund ihrer Kreativität und Ideenvielfalt beliebte Spielpartner wurden. Die Kinder lernten in der Zeit ohne Spielzeug mehr aufeinander ein zu gehen und auch ihre eigenen Wünsche und Vorstellungen zu artikulieren und um zu setzten. Das Projekt kann dabei helfen Kinder zu einem kritischen Konsum zu erziehen.

 

In den meisten Kinderzimmern herrscht heutzutage eine ganz schöne Übersättigung an Spielzeug. Da gibt es alles, was man sich denken kann: perfekt ausgestattete Spielzeugküchen, Kaufläden, CD-Spieler, Parkgaragen, Lego, Kuscheltiere, Puppenstuben, Puppenbuggys und so weiter. Auch unterliegen die Kleinen bereits einem Gruppenzwang: da alle aus der Kindergartengruppe ein bestimmtes Feuerwehrauto haben, „müssen“ sie es auch haben, um nicht ausgegrenzt zu werden. Die Konsumgüter nehmen dadurch einen überhöhten Stellenwert im Leben der Kinder ein und die Kreativität geht verloren. Es geht mehr ums „Haben“, als sich wirklich mit den Dingen zu beschäftigen. Das merkwürdige ist nämlich, dass die Kinder andererseits immer weniger Zeit haben, um mit ihren Sachen zu spielen. Ihr Terminkalender gleicht in vielen Fällen dem eines Managers, so hetzten sie von einem Termin zum nächsten und haben keine Zeit mehr für freies Spiel.27

 

Resilienz

Erste Forschungen diesbezüglich wurden im Jahre 1955 auf der Insel Kauai von Emmy Werner durchgeführt. Sie führten eine entwicklungspsychologische Längsschnittstudie mit allen 698 Einwohnern, die 1955 auf der Insel zur Welt kamen, durch. Sie wurden über einen Zeitraum von 32 Jahren zu fünf verschiedenen Zeitpunkten untersucht. Man wollte die langfristigen Auswirkungen von perinatalen Komplikationen, risikoreichen Entwicklungsbedingungen erfassen und ihre Auswirkungen auf die individuelle Entwicklung und Anpassungsfähigkeit erkennen.28

 

Überraschend war das Ergebnis, dass von den 200 Einwohnern, die unter sogenannten Risikofaktoren aufwuchsen, ungefähr ein Drittel erfolgreiche und selbstständige Erwachsene mit einer durchweg positiven Lebenseinstellung wurden. Sie hatten also eine Art Widerstandskraft oder auch Resilienz gegenüber den Risikofaktoren wie zum Beispiel große Armut oder Erkrankungen der Eltern entwickelt. Das liegt laut Werner daran, dass diese Kinder das Glück hatten dass bei ihnen schützende Faktoren mitgewirkt haben und ihre Entwicklung positiv beeinflusst haben.

 

Solche Faktoren können beispielsweise eine gute emotionale Beziehung zu einem Elternteil sein, Selbstvertrauen und eine Einbindung in soziale Netzwerke sein. Diese Längsschnittstudie von Werner fand großen Anklang und zog viele weitere Längsschnittstudien nach sich, um dem Thema Resilienz auf die Spur zu kommen. Um das zu verdeutlichen nachfolgend eine erklärende Grafik.

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Die Schutzfaktoren lassen sich einteilen in personale Schutzfaktoren, familiäre Schutzfaktoren und soziale Schutzfaktoren. Erste sind beispielsweise kognitive und affektive Schutzfaktoren, wie Religiosität und positive Lebenseinstellung und positive Selbst- Wahrnehmung. Besondere Begabungen, Kreativität und aktive Bewältigungsstrategien zählen auch dazu. Ebenso wie eine realistische Selbsteinschätzung und Zielorientierung.

 

Familiäre Schutzfaktoren sind beispielsweise strukturelle Familienmerkmale, Autoritative oder positive Erziehung oder positive Geschwisterbezeihungen.

 

Soziale Schutzfaktoren schließen zum Beispiel Kontakte zu Gleichaltrigen, soziale Unterstützung oder auch Einbindung in prosoziale Gruppen mit ein. 30

 

Alle Schutzfaktoren aufzuführen würde den Rahmen sprengen, daher an dieser Stelle nur exemplarische Auszüge zur Verdeutlichung.

 

Kann man die Resilienz auch bewusst fördern?

 

Spielzeugfrei im Waldkindergarten

Im Waldkindergarten wird auf industriell hergestelltes Spielzeug verzichtet. Man auch die Frage stellen, ob es heutzutage überhaupt noch vertretbar ist Plastikspielzeug made in China zu konsumieren. Waldkindergärten machen sich das Konzept zu Nutze und tauschen Spielwaren gegen freies Spiel in der Natur ein. So wird ihre Spielfähigkeit gefördert, es kommt zu zahlreicheren Sozialkontakten und sie erfahren vielfältige Möglichkeiten zur Entfaltung ihrer Persönlichkeit.32

 

Im Waldkindergarten muss die spielzeugfreie Situation nicht erst geschaffen werden, sondern ist von Natur aus da. Dennoch stellt der Wald ein vielfältiges Angebot an Spielmitteln zur Verfügung, die erst durch die Fantasie und Kreativität zu Dingen werden.33

 

Zunächst orientiert sich suchtpräventive Arbeit allgemein an den Bedürfnissen der Kinder. Zusammenfassend kann man sagen, dass Kinder seelische Sicherheit, Anerkennung und Bestätigung brauchen. Sie haben ein Bedürfnis nach Freiraum, Beständigkeit, viel Bewegung, Freunde und nach eine verständnisvollen Umwelt. Sie benötigen realistische Vorbilder, Träume und Lebensziele.

 

Die Spielzeug freie Zeit im Kindergarten ermöglicht es ihnen, Distanz zu ihrem Konsum orientierten Spielzeug zu bekommen. Sie müssen sich nun beim Spiel auf andere oder auch ganz neue Mittel und Wege einlassen. So widmen sie sich nun vermehrt dem Spielen mit Naturmaterialien zu. Auch Höhlenbau, Rollenspiele und basteln finden nun großen Anklang.

 

Dadurch, dass die Kinder ihre Spielmaterialien nun selbst erfinden und gestalten , wird ihr Selbstwertgefühl gestärkt. Die Spielzeug freie Zeit hat tief greifendere und nachhaltigere Ergebnisse, als man denken würde. Aber natürlich liegt es an den Familien und wie sie mit den Kindergärten, Schulen o.ä. zusammenarbeiten, um die Kinder zu einem Leben und Selbstverantwortung und Selbstbewusstsein zu erziehen.34

 

 

 

1Zitat http://de.wikipedia.org/wiki/Gesundheit

 

2Vgl. Vorlesung Prof. H.-L. Schmidt „Gesundheitspädagogik“

 

3Vgl. Klaus Hurrelmann, Theodor Klotz, Jochen Haisch, Lehrbuch Prävention und Gesundheitsförderung S.11ff

 

4Vgl. Klaus Hurrelmann, Theodor Klotz, Jochen Haisch, Lehrbuch Prävention und Gesundheitsförderung S.33

 

5Vgl. Klaus Hurrelmann, Theodor Klotz, Jochen Haisch, Lehrbuch Prävention und Gesundheitsförderung S.13-14

 

6V Prof. Schmidt „Einführung in die Gesundheitspädagogik“ S.37 ff.

 

7BzgA „Salutogenese“ S. 31

 

8V Prof. Schmidt Einführung in die Gesundheitspädagogik S.37 ff.

 

9Vgl. Klaus Hurrelmann, „Prävention und Gesundheitsförderung“, S.45ff.

 

10Schmidt, Hans-Ludwig Vorlesung Gesundheitsförderung (Primärtext)

 

11Schmidt, Hans-Ludwig Vorlesung Gesundheitsförderung

 

 

13Sachverständigenrat zur Begutachtung der Ent­wicklung im Gesundheitswesen (2009) Koor­dination und Integration – Gesundheitsversor­gung in einer Gesellschaft des längeren Lebens. Sondergutachten, Kurzfassung, S 45

 

 

15Zitat WHO Ottawa-Charta S.5

 

16Vgl. Konzeption Spielraum Wald und Wiese

 

17Ulrich Gebhard, Kind und Natur – Die Bedeutung der Natur für die kindliche Entwicklung, S. 191

 

18Vgl. Kuhlmann, Janina, BE-G-REIFEN im Wald S.28

 

19https://www.kindergesundheit-info.de/fuer-fachkraefte/fachinformationen/

 

20Vgl. Lotz, Susanne: Der Waldkindergarten - Immer draußen - egal bei welchem Wetter! In: Huppertz, Norbert (Hg.): Kindergärten für Kinder. Oberried bei Freiburg im Breisgau 1999, S. 21-40.

 

21Vgl. Kuhlmann, Janina, BE-G-REIFEN im Wald S.44

 

22Vgl. http://www.wanderforschung.de/files/gruentutgut1258032289.pdfRainer Brämer „Grün tut uns gut“ Natur subjektiv -Studien zur Natur-Beziehung in der Hightech-Welt

 

23Vg. Bickel, Kirsten „Der Waldkindergarten“ S.50

 

24Bickel, Kirsten „Der Waldkindergarten“ S.51

 

25Vgl. Kristen Bickel, Der Waldkindergarten S.52

 

26Vgl. http://www.neumuenster.de/cms/files/09_wittorf_dokumentation_spielzeugfrei.pdf

 

27Vgl. Kirsten Bickel, Der Waldkindergarten S.53ff

 

28Vgl. BzgA Resilienz , S.16

 

29Vgl. BzgA Resilienz, S. 26 (Stand 08.07.2012)

 

30Vgl. BzgA Resilienz S.51

 

31Vgl. BzgA S.140

 

32Vgl. Janina Kuhlmann, BE-G-REIFEN im Wald S.

 

33Vgl. Kerstin Bickel